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Seit geraumer Zeit gibt es ein gesteigertes öffentliches Interesse an klösterlicher Kultur. Während die Kirche weiterhin schwer unter Austritten und Kontroversen zu leiden hat, spüren viele Klöster überraschend breite Nachfrage nach einem temporären Eintauchen in ihre scheinbar unzeitgemäße Welt. Diese ist vielfach weniger religiös motiviert als durch ein tiefes Unbehagen in einer Unkultur des Kommerzes, der Wegwerfbeziehungen, der Oberflächlichkeit und der Missachtung menschlicher Werte.

Als ob Klöster die letzten noch verbliebenen Flucht-Räume wären, überwinden mitunter sogar Atheisten und gestresste Manager ihre Scheu vor der Tradition und nehmen das Angebot der Einfachheit, Stille und Reduktion auf das Wesentliche gerne an, das manche Klöster durchaus auch als "Marktnische" entdeckt haben . Gregorianische Choräle sind plötzlich unter den Bestsellern auf dem Musikmarkt. Die Wissenschaft entdeckt Klöster als gelebte Beispiele nachhaltiger Entwicklung, Der Beispiele für dieses neue Interesse lassen sich noch mehr finden.

Zur gleichen Zeit vollzieht sich ein Aufbruch an den progressiven Rändern der Gesellschaft, für den der amerikanische Soziologie Paul Rey den Ausdruck "das Erwachen der Kulturell Kreativen" gefunden hat. Das bisher so dominierende Modell der Anpassung, Hierarchie und Konkurrenz erfährt eine Herausforderung durch eine neue Generation, die die Werte der inneren Berufung und Überzeugung auf der einen Seite und die Werte der Zusammenarbeit und des Gemeinschaftlichen auf der anderen Seite entdeckt und in völlig neue Lebens- und Arbeitswelten umsetzt: Cohousing, Coworking, Social Entrepreneurship, Ökodörfer, Open Source-Netzwerke des geteilten Wissens, Kreativwerkstätten, Heilkunstareale. Vieles spricht dafür, dass sich diese Kultur immer stärker ausbreiten wird, obwohl sie heute in Öffentlichkeit und Politik noch kaum wahrgenommen wird. Strukturanalogien zu Zeiten in denen Menschen gemeinschaftliche Berufungen entdeckten und zum Beispiel in Klöstern lebten sind nicht zufällig.

Seit kurzem existiert die Initiative "Klöster der Zukunft", die 2012 mit ihrem ersten Symposium "Stille und Fülle" vor allem Menschen im Bereich der jungen und junggebliebenen Kulturkreativen dazu aufrief, sich mit den Mustern und Traditionen der monastischen Tradition auseinanderzusetzen und von ihr zu lernen oder sich inspirieren zu lassen. Das erste Symposium hat thematisiert, dass in den verschiedenen Ausprägungen des Klösterlichen zeitlose Formen der Gestaltung unserer sozialen Beziehungen und unserer Lebens- und Arbeitsräume existieren, die dazu geeignet sind, unsere inneren Kraftquellen zu erschließen, schwierige gesellschaftliche Aufgaben zu meistern und eine kulturelle Transformation der gesamten Gesellschaft zu befördern.

Im Jahr 2013 findet nun ein zweites Symposium statt. Dort sollen die Aufgaben vor denen wir heute stehen genauer thematisiert werden. Exemplarisch sollen Vorschläge vorgestellt und im Dialog Vertreter von Ordensgemeinschaften und neuen Gemeinschaftsbildungen innerhalb und außerhalb religiöser Strömungen erkunden, ob es nicht gemeinsame Territorien gibt - auf denen nicht nur das gegenseitige Kennenlernen, der daraus folgende Austausch von Wissen und Erfahrung, sondern auch wechselseitige Zusammenarbeit und Unterstützung Sinn macht.

Folgende Themenkreise sind angedacht und werden sich im Lauf der nächsten Wochen weiterentwickeln:

  • Der ganze Mensch - was entdecken Klöster und neue Gemeinschaften auf dem Weg zu unseren inneren Kraftquellen und zur heilsamen Einheit von Körper, Geist und Seele ?
  • Das zerrissene soziale, ökologische, räumliche Netz - was vermögen ausgleichende Interventionen von Gemeinschaften in einer Zeit der zunehmenden Spaltungen ?
  • Kulturelles Erbe, Wissen, neue Medien: brauchen wir das elektronische Kloster für den Überblick in einer unüberschaubaren Welt?

Die Theme können durch Vorträge im öffentlichen Teil am 10. Mai vorbereitet werden und sollen in 3 Gesprächsrunden mit Impulsreferaten am 12. Mai münden, die zugleich auch Teil eines sich die ganze Donaureise hinziehenden permanenten Dialogs an vielen Orten sind. Die Gespräche sollen uns die Augen öffnen was vor unseren Augen schon getan wird aber auch getan werden könnte. Sie sollen im Geist gegenseitiger Achtung und ohne missionarischen Unterton geführt werden. Sie sollen Synergiepotentiale aufzeigen und den Horizont für die Wahrnehmung all derer erweitern, denen es um die Überwindung der großen Krisen der Gegenwart im Geist einer pluralen und kooperativen Schöpfungskraft geht. -> Programm


Eine Perspektive die als Desiderat nach wie vor im Raum steht, ist ein "Pattern Writers Workshop" - die Aufarbeitung jahrtausendalten Erfahrungswissens in Form einer mustersprachlichen Beschreibung der monastischen Gestaltungsprinziien. Allererste Impulse sollen hier verarbeitet werden: StilleUndFülle/MusterspracheDerKlöster

(C) Die Autoren changed: 7. Februar 2013